PRESSE-INFORMATION April 2018 – 22. Philosophicum Lech
Es ist die Hölle! Auf diese knappe Formel lässt sich bringen, was in den Medien schier allgegenwärtig scheint: Krieg und Terror, Elend und Abhängigkeit, Hass und Bedrohung, … bis hin zu Familien- und Beziehungstragödien. Das Unzumutbare entwickelt mitunter eine furchtbare Dynamik, folgt aber auch Gesetzmäßigkeiten, die es erlauben, von “Kulturen des Unerträglichen“ zu sprechen. Diese werden beim Philosophicum Lech 2018 ebenso beleuchtet, wie die Hölle als ausdrucksstarke Universalmetapher. Von den religiösen Ursprüngen über ihre künstlerische und literarische Deutung bis hin zu Sartres berühmtem Diktum „Die Hölle, das sind die anderen“ gehen die hochkarätigen Referenten dem Infernalischen in Geschichte und Gegenwart auf den Grund.
Bereits zum 22. Mal lädt das Philosophicum Lech heuer vom 19. bis 23. September 2018 zum anregenden Gedankenaustausch zwischen wissenschaftlichen Experten und dem interessierten Publikum. Die Online-Anmeldung läuft seit 3. April und es besteht kaum Zweifel, dass das Symposium wieder Wochen im Voraus ausgebucht sein wird. Längst gilt die Veranstaltung auf ihrem Gebiet als eine der attraktivsten und zugleich renommiertesten im deutschsprachigen Raum. Der anhaltende Erfolg spiegelt sich im hohen Anteil an treuen Teilnehmern wie auch im medialen Echo und nicht zuletzt der hohen Reputation der Referenten wider, die Lech am Arlberg Jahr für Jahr zum Brennpunkt kulturwissenschaftlich-philosophischer Auseinandersetzung mit brisanten aktuellen Entwicklungen vor dem Hintergrund zeitloser Fragen machen.
Die wissenschaftliche Erörterung sowie Diskussion über die Disziplinen hinweg und die damit verbundene vielfältige Perspektive auf das jeweilige Jahresthema schätzen die Vortragenden gleichermaßen wie das Publikum. Auch heuer wieder werden namhafte Philosophen, Kultur- und Sozialwissenschaftler und Vertreter benachbarter Disziplinen ein weites Diskussionsfeld eröffnen. Wobei allein schon das heurige Thema – in Rekurs auf eine religiöse Vorstellung, die zum Sinnbild für Schrecken und Verdammnis wurde – eine Vielzahl an virulenten Problemen in den Fokus rückt. Unter dem Titel „Die Hölle. Kulturen des Unerträglichen“ greift das Philosophicum 2018 auch eine grassierende Stimmungslage in unserer Gesellschaft auf, doch stellt der emotionsgetriebenen Dramatisierung die fundierte kritische Reflexion entgegen.
„Das Unerträgliche ist weder chaotisch noch anarchisch, es gehorcht Regeln, Ritualen, Zwängen und Wiederholungen. Es handelt sich um Kulturen des Unerträglichen, die von der Hölle in Beziehungen und Familien bis zu den Höllen der Sucht, von den Höllen der Gewalt und der Kriege bis zur Hölle des Cybermobbings und des Hasses in den sozialen Netzwerken, von der Hölle der Naturkatastrophen bis zu den Höllen des Terrors und der politischer Repression reichen“, fächert Konrad Paul Liessmann, wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech, in seinem Editorial den weiten Bedeutungshorizont des Schlüsselbegriffs und damit das breite Themenspektrum auf. Verbunden damit ist die Frage, was es bedeutet, dass ein überholtes theologisches Konzept zum Inbegriff unerträglicher Zustände werden konnte. So treffen Kultur- und Ideengeschichte auf schier unerträgliche Phänomene, infernalische Tendenzen der Gegenwart: Philosophie am Puls der Zeit.
Auftakt und Rahmenprogramm
Einen spannenden Brückenschlag zwischen überlieferten Vorstellungswelten zum Inferno und Aspekten des Hier und Jetzt bietet bereits der philosophisch-literarische Vorabend am Mittwoch. Das Zwiegespräch von Michael Köhlmeier, Ideengeber sowie Mitbegründer des Philosophicum Lech, und Konrad Paul Liessmann erweist sich stets als gelungene thematisch-atmosphärische Einstimmung auf die folgenden Tage. Diesmal widmen sich die beiden im Wechsel von fesselnder Erzählung und philosophischer Reflexion „Heulen und Zähneklappern. Geschichten aus der Hölle“.
Am Donnerstag, den 20. September startet bereits am Vormittag das hochkarätige Rahmenprogramm, wobei gleich drei Veranstaltungen mit begrenzter Teilnehmerzahl zur Wahl stehen. Bei „HOHE LUFT_Philosophieren am Berg“ unter Patronanz des erfolgreichen Philosophie-Magazins und Medienpartners des Philosophicum Lech führen dessen Chefredakteur Thomas Vašek und ein Jury-Mitglied des Tractatus einen Diskurs an hochalpinem Orte, dem Panoramarestaurant am Rüfikopf auf 2.350 Metern, begleitet von einem Brunch. Nicht weniger außergewöhnlich erweist sich der zweite Veranstaltungsort. Bei „Heiße Debatten – Philosophieren im Heizwerk Lech mit ‚Die Presse‘“, einem weiteren renommierten Medienpartner des Symposiums, moderiert Chefredakteur Rainer Nowak die Diskussion zwischen Bundesminister Gernot Blümel und Konrad Paul Liessmann zur Frage „Wie viel Philosophie braucht die Politik?“. Als dritte Option bietet sich die Exkursion zum Kunsthaus Bregenz, mit Rundgang durch die Ausstellung des belgischen Künstlers David Claerbout sowie Diskussion von Christian Grüny, Privatdozent an der Universität Witten/Herdecke mit den Schwerpunkten Ästhetik, Phänomenologie und Kulturphilosophie, und Thomas D. Trummer, Direktor des KUB, über Zeit und Realität.
Am Nachmittag verspricht das Magna-Impulsforum unter Schirmherrschaft des Hauptsponsors wieder eine lebhafte gesellschaftspolitische Diskussion, diesmal zur Frage „Wie unerträglich ist das Unerträgliche?“. Unter Leitung des Journalisten und Fernsehmoderators Michael Fleischhacker debattieren die Nationalratsabgeordnete Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, die leitende Redakteurin des STANDARD und Nahost-Lehrbeauftragte an der Uni Wien sowie Diplomatischen Akademie Wien Gudrun Harrer, die Philosophin und Künstlerin Lisz Hirn, der Sozialexperte und stellvertretender Direktor der Diakonie Österreich Martin Schenk sowie der Direktor des KUB Thomas D. Trummer. Anschließend erfolgt die offizielle Eröffnung des 22. Philosophicum Lech durch den Bürgermeister von Lech Ludwig Muxel, den Landeshauptmann von Vorarlberg Markus Wallner sowie BM Gernot Blümel. Es folgen der Vortrag von Dieter Althaus, Vice President Governmental Affairs Magna Europe, „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht …“ (nicht Heinrich Heine) und schließlich das Eröffnungsreferat von Konrad Paul Liessmann, der wieder einen pointierten Abriss zum Jahresthema geben wird.
Die Referenten und Vorträge des 22. Philosophicum Lech auf einen Blick:
Die vertiefenden Vorträge widmen sich am Freitag zunächst den religiösen sowie kunst- und literaturhistorischen Aspekten des heurigen Themas. So referiert der seit seiner Emeritierung an der Seniorenuniversität Luzern unterrichtende Theologe und für seine zahlreichen Buchpublikationen bekannte Josef Imbach zu „Ein großer See mit brennendem Schlamm. Höllendarstellungen in der christlichen Kunst“. Es folgt der Vortrag von Christine Schirrmacher, Professorin für Islamwissenschaft der Universität Bonn sowie der Evangelisch-Theologischen Fakultät Leuven/Belgien und Mitglied verschiedener gesellschaftspolitischer Beratungsgremien, unter dem Titel „Herr! Bewahre uns vor der Strafe des Höllenfeuers“: Gericht und Hölle im Kontext von Koran, islamischer Theologie und Salafismus“. Am Nachmittag erörtert Manfred Koch, Titularprofessor für Neuere Deutsche Literatur sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Basel sowie Feuilletonist der NZZ, „Infernalische Kreativität. Die Hölle als Heimstatt der Künstler von Dante bis Thomas Mann“, bevor der bereits erwähnte Christian Grüny über „Register des Unerträglichen“ referiert. Am Abend erfolgt die feierliche Verleihung des “Tractatus” – hochdotierter und international angesehener Essaypreis des Philosophicum Lech.
Den Samstag eröffnet Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, scharfzüngiger Kommentator aktueller Debatten und Verfasser von Bestsellern, mit seinem Vortrag „Nackte Helden. Vom Terror der Sichtbarkeit – Autoritätsverlust im digitalen Zeitalter“. Im Anschluss nimmt der Psychiater, Neurologe und Psychotherapeut Reinhard Haller den Spannungsbogen „Vom Himmel des Rausches zur Hölle der Sucht“ in den Fokus. Am Nachmittag referiert dann Philipp Lepenies, Gastprofessor für vergleichende Politikwissenschaft und Direktor des Forschungszentrums für Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin, unter dem Titel „Höllen der Armut“, und zum Abschluss Jörg Baberowski, Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin und Herausgeber etlicher Fachzeitschriften und Buchreihen, zum „Leben mit der Gewalt“.
Schließlich greift am Sonntag Adelheid Kastner, Psychiaterin, Psychotherapeutin, und Leiterin der Klinik für Psychiatrie am Kepler Universitätsklinikum in Linz, Jean-Paul Sartres existenzialistische Perspektive „L´enfer, c´est les autres – Die Hölle, das sind die anderen“ auf. Abgerundet wird der Vortragsreigen von der Schweizer Journalistin und Philosophin Barbara Bleisch, Mitglied der Tractatus-Jury, mit dem Thema „In der Familienhölle – Die Tücken der Blutsbande“. Wie üblich folgt den jeweils zwei Vorträgen am Vor- und Nachmittag eine offene Publikumsdiskussion.
Anmeldung und weitere Informationen
Aufgrund des großen Interesses wird eine frühzeitige Anmeldung auf der Website www.philosophicum.com empfohlen. Dort finden sich auch weitere Informationen und der detaillierte Programmfolder zum Download. Für Studierende gibt es per Bewerbung die Möglichkeit zum Erhalt eines Stipendiums zur kostenlosen Teilnahme.
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