Tractatus Preisträger 2016 ist Hartmut Rosa
Lech am Arlberg, 07.09.2016
Tractatus-Preisträger 2016 ist der bedeutende deutsche Soziologe Hartmut Rosa, dessen richtungsweisendes Werk „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ exemplarisch mit dem renommierten und hochdotierten Essaypreis des Philosophicum Lech gewürdigt wird.
Als Auszeichnung für Wissenschaftsprosa und philosophische Essayistik erlangte der Tractatus in den vergangenen Jahren großes Renommee. Nicht zuletzt auch aufgrund des Anspruchs, ein Beitrag zur Standortbestimmung in philosophischen und gesellschaftlichen Diskursen zu sein. Heuer wird der hochdotierte Essaypreis des Philosophicum Lech dem prominenten Soziologen Hartmut Rosa für sein Buch „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ verliehen. Dieses mündet in „nichts weniger als einer Neuformulierung der Kritischen Theorie“, wie es in der Jury-Begründung heißt. Die Tractatus-Verleihung erfolgt am 23.09. im Rahmen des 20. Philosophicum Lech.
Der Tractatus wurde 2009 vom Verein Philosophicum Lech ins Leben gerufen, um herausragende Publikationen auf dem immer wichtiger werdenden Feld geistiger Auseinandersetzung und Standortbestimmung auszuzeichnen. Dieser Anspruch spiegelt sich in den bisher prämierten Werken und der prominenten Liste an Preisträgern wider und hat mit zum großen Renommee des Essaypreises in der Fachwelt wie auch der Öffentlichkeit beigetragen. Zudem gehört der Preis dank großzügiger Unterstützung privater Sponsoren mit 25.000 Euro zu den höchstdotierten Buchpreisen im deutschsprachigen Raum. „Zu den Auswahlkriterien der Jury zählen solche Aspekte wie zentrale Themen der Zeit zu analysieren, neue Perspektiven zu entwerfen sowie weiterführende und diskussionswürdige Deutungen der Krisen und Konflikte der Gegenwart zu bieten“, erklärt Konrad Paul Liessmann, der wissenschaftliche Leiter des Philosophicum Lech.
Solchen Anforderungen weit mehr als nur gerecht wird das Buch „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“, für das heuer der bekannte deutsche Soziologe Hartmut Rosa mit dem Tractatus bedacht wird. Die Entscheidung fiel nach eingehender Diskussion der Jury, zu der die Philosophin und Journalistin Barbara Bleisch (CH), der Schriftsteller und ehemalige Verleger Michael Krüger (D) sowie der Autor und Philosoph Franz Schuh (A) gehören. Die Juroren nominierten zuvor auch die fünf Publikationen für die Shortlist (http://www.philosophicum.com/tractatus/shortlist-2016.html), welche wieder beispielhaft die Vielfalt an thematisch höchst aktuellen und stilistisch exzellenten Publikationen auf philosophisch-kulturwissenschaftlichem Felde unter Beweis stellte.
Hartmut Rosa ist mit seiner über 800 Seiten starken Abhandlung zweifellos Außergewöhnliches gelungen. Bereits 2005 hat er eine vielbeachtete Studie unter dem Titel „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ vorgelegt, die sich mit der Dynamisierung unserer Lebensverhältnisse befasste und längst zum Standardwerk wurde. Sein neues Buch kann als stimmige Weiterentwicklung seiner Theorie verstanden werden, wie bereits der Eröffnungssatz – zugleich die Kernthese – offenbart: „Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung.“ Unter Resonanz – als Gegenbegriff zur Entfremdung – versteht Rosa einen Beziehungsmodus zur Welt, durch den Erfahrungen, Tätigkeiten, Erlebnisse einerseits berühren, ansprechen, bewegen und andererseits die Selbstwirksamkeit deutlich wird. Auf Basis dessen entwirft er eine Soziologie des guten Lebens, wobei Letzteres nur gelingen kann, wenn auch die Resonanzverhältnisse, Lebensverhältnisse im weitesten Sinn, entgegenkommend sind. Seine diesbezügliche Analyse und Kritik aktueller Phänomene der Spätmoderne, u. a. beruhend auf der Steigerungslogik, ist dabei so erhellend wie das Buch flüssig zu lesen und elegant geschrieben ist.
Dazu Michael Krüger in der Jury-Begründung: Soziologische Untersuchungen mit mehr als zweihundert Seiten gehören nicht gerade zu den Lieblingslektüren einer modernen Leserschaft, die an schnellen Ergebnissen interessiert ist. Man sieht an den Eselsohren, wann einer aufgegeben hat. Mit dem umfangreichen Buch „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ von Hartmut Rosa sollten alle eine Ausnahme machen, die wissen wollen, was trotz aller Krisen das gute Leben ausmacht. In seinen weit ausholenden Analysen untersucht Hartmut Rosa die Grundelemente menschlicher Weltbeziehungen und endet bei nichts weniger als einer Neuformulierung der Kritischen Theorie. Seine immer anregenden, originellen, die Fachsprache nicht meidenden, aber den Fachjargon ausblendenden Studien bieten Stoff in Hülle und Fülle, wie wir unter den modernen Bedingungen leben wollen. Ein Buch für alle und jeden.
Die feierliche Verleihung des Tractatus findet am 23. September um 21:00 Uhr in der Neuen Kirche Lech statt und wird wieder eines der Glanzlichter des bereits 20. Philosophicum Lech sein. Dieses findet heuer vom 21. bis 25. September statt und steht anlässlich des Jubiläums unter dem Titel „Über Gott und die Welt. Philosophieren in unruhiger Zeit“. Dabei werden Brennpunkte der Philosophie seit über 2000 Jahren sowie Kernfragen aktueller Debatten behandelt und in bewährter Weise interdisziplinär und auch für Laien verständlich von renommierten Referenten unter Einbeziehung des Publikums diskutiert.
Weitere Informationen unter www.philosophicum.com.
Zu Biografie und Werk von Hartmut Rosa:
Geboren 1965 in Lörrach, studierte Hartmut Rosa ab 1986 Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau bis zum Magister und anschließend an der Humboldt-Universität zu Berlin, an der er 1997 mit summa cum laude promovierte.
Während der Studienzeit verbrachte er ein Semester an der London School of Economics and Political Sience und ab 1988 war er zu Studienzwecken mehrfach in den USA, unter anderem 1995 als Forschungsassistent an der Harvard University und 2001/02 als Gastprofessor an der New School University in New York. Des weiteren war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft III der Universität Mannheim (1996–1997) und darauffolgend am Institut für Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1997–1999) tätig.
2004 habilitierte er sich an letzterer mit der Studie „Soziale Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“, aus der 2005 sein nahezu gleichlautendes, nicht nur in Fachkreisen großen Widerhall findendes Buch hervorging.
Seit 2005 ist Hartmut Rosa Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und seit 2013 Direktor des Max-Weber-Kollegs für sozial- und kulturwissenschaftliche Studien in Erfurt. Zudem ist er Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Time & Society“.
Eine Auswahl an Büchern:
- Beschleunigung – Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. (Suhrkamp 2005);
- Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung. (Suhrkamp 2012);
- Beschleunigung und Entfremdung – Entwurf einer kritischen Theorie spätmoderner Zeitlichkeit. (Suhrkamp 2013);
- Resonanzpädagogik. Wenn es im Klassenzimmer knistert. (gemeinsam mit Wolfgang Endres; Beltz 2016);
Hartmut Rosa, Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung
Suhrkamp, Berlin 2016
Gebunden, 816 Seiten
ISBN: 978-3-518-58626-6
Preis: 34,95 € (D) / 36,00 € (A) / 46,90 sFR (CH)
Pressemeldung als PDF: PM Tractatus-Preistraeger 2016
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